mit dabei:
Christoph
Eine spät abends mit Christoph vereinbarte schnelle Vormittagstour am Ostermontag (Emmausgang) ist zu einer sehr alpinen Angelegenheit mit etwas zu viel Adrenalin geworden.
Wegen der nach wie vor sehr hohen Temperaturen haben wir uns wieder sehr früh aufgemacht. Bereits um 5 Uhr sind wir losgefahren und schon um 6.15 Uhr haben wir am Präbichl mit dem Aufstieg begonnen. Zuerst ging es entlang der Schipiste hinauf ins Grübl.
Schon am ersten Steilaufschwung haben wir mit der aufgehenden Morgensonne im Rücken die Harscheisen montiert, da die alten Abfahrtsspuren und einige Lawinengänge ziemlich hart waren. Der zweite Aufschwung war dann etwas griffiger.
In weiterer Folge haben wir uns direkt auf die NO Rinne zu bewegt. Der Hang steilt sich immer mehr auf. Daher habe ich relativ bald meine Schier aufgepackt und sofort die Steigeisen montiert. Christoph mag es lieber, im Steilgelände Spitzkehren zu gehen. Daher ist er noch eine großen Teil des Steilhangs bis zur letzten aperen Fläche auf Schiern aufgestiegen. Ich bin inzwischen in der direkten Linie in Richtung NO Rinne weiter angestiegen.
Dann hat auch er die Steigeisen angeschnallt und ist zu mir herüber gequert. Die Rinne war ausgesprochen hart. So hart habe ich sie bei all meinen Anstiegen auf dieser Route noch nie erlebt. Vor allem die Tritte in der Lawinenbahn von Nasschneerutschen der Vortage waren komplett vereist.
Deswegen habe ich stellenweise eigene Tritte im harschigen Schnee daneben geschlagen. Mit den Steigeisen, die sich an diesem Tag als ?MUSS? herausgestellt haben, haben wir aber recht flott an Höhe gewonnen, auch wenn man bei solchen Verhältnissen jeden Schritt doppelt absichern muss.
Die Engstelle war mit tollen Tritten versehen und daher gut zu gehen. Auch der letzte Teil der Rinne sowie der schon in der Sonne liegende und daher firnige Ausstieg waren keine weitere Hürde mehr.
Der letzte Teil des Anstiegs hinauf zum Gipfel war schon teilweise ausgeapert. Die Schneeflächen dazwischen aber doch ziemlich hart. Deswegen sind die Steigeisen gleich an den Schuhen geblieben. Nach 2 ½ Stunden haben wir den Gipfel erreicht.
Da unsere Abfahrtsroute, die Rote Rinne, schon voll in der Sonne gelegen ist, haben wir uns keine Gipfelrast gegönnt, sondern sind gleich wieder abgestiegen. Vorbei an den mächtigen Wechten, die den späteren Tourenverlauf noch wesentlich beeinflussen sollten, und vorbei an der Reichensteinhütte ging es hinüber zur Einfahrt in die Rote Rinne.
Auch dort haben wir uns nur die nötige Zeit zum Umrüsten für die Abfahrt und zum Verstauen der Steigeisen und der Felle genommen. Nach einer ganz schnellen Stärkung ging es dann los.
Die noch nicht so steile Einfahrt in die Rinne war noch firnig und hat einiges für die weitere Abfahrt versprochen, zumal ja das Eis auf der NO Seite doch von Abkühlung in der Nacht gezeugt hat.
Der nächste Hang hat aber dieses Versprechen gleich zunichte werden lassen. Obwohl es noch nicht einmal 09.30 Uhr war, hat der Firn hier stellenweise schon bis zu den Hosensäcken gereicht. Gleich daneben, im Schatten des Roten Turms war der Schnee hingegen noch sehr hart und daher auch nicht gerade lustig zu fahren.
Bis hin zur Verengeung der Rinne kam dann eine Passage, wo es wieder halbwegs ging. Durch die Verengung zieht eine Lawinenrutschbahn hinunter, die es in weiter Folge zu queren galt.
Ich war schon drüber und gerade als Chris sich anstellte mir zu folgen, ist hoch über ihm eine Wechte gebrochen. Dem Beschuss mit großen Schneebrocken konnte er nicht mehr ausweichen. Die Knollen haben ihn im ungünstigsten Augenblick und an der blödesten, weil engsten Stelle der Abfahrt erwischt. Der größte von ihnen, ein gut und gern 100 kg Bröckerl ist zwar vor ihm noch einmal aufgesprungen, hat ihn dann aber voll erwischt und kopfüber in den Lawinengang katapultiert.
Der gleichzeitig von oben nachkommende Nassschneerutsch hat ihn dann nach unten geschwemmt. Zum Glück hat er sich relativ schnell wieder aufrichten können, sodass der Kopf vor dem Felsen, der in die Lawinenbahn hineinragt geschützt war.
Einen Schi hatte er zwar verloren, der zweite als Treibanker am Bein hat ihn aber unaufhörlich mit dem Schneefluss mitgezogen. Wie in einer Wasserrutsche ist er ungewollt nach unten gefahren. Seine Versuche sich seitlich aus dem Lawinengang zu befreien, sind an deren steilen und glatten Wänden, der Fließgeschwindigkeit und dem nach unten ziehenden Schi gescheitert. So hat er ca.250 Hm abgebaut.
Ich habe mich natürlich ordentlich geschreckt und als er drohte, meinen Blicken zu entschwinden, bin ich sehr hurtig nachgefahren, ein Auge immer auf ihn gerichtet. Sehr froh war ich als er sich nach Verlangsamung seiner ?Abfahrt? und Verflachung der Lawinenbahn befreien konnte. Das Signal, dass alles in Ordnung sei, war dann für mich gleichzeitig das Signal, meine rasante Abfahrt zu stoppen und mich nach Christophs Ausrüstungsgegenständen umzuschauen.
Einen Schistock habe ich neben der Lawinenbahn gefunden, den zweiten hat mir Christoph von unten gezeigt. Und weil ich schon daran vorbeigefahren war, habe ich eben wieder ein Stück aufsteigen müssen, um ihn zu bergen. Christophs beim Einschlag der Schneekugel verlorener Schi ist übrigens kurz nachdem er sich befreit hatte, an ihm vorbei geschwommen und er konnte ihn aus dem Nassschneestrom herausziehen.
So hatten wir schließlich all seine wichtigen Ausrüstungsgegenstände wieder beisammen. Einzig seine geliebte Haube hat er bei dem Unglück eingebüßt. Wäre nicht weiter schlimm, wenn es nicht seine Lieblingshaube gewesen wäre. Also werden wir uns wohl im Frühsommer einmal auf Wanderschaft ins Krumpenkar begeben, um seine Haube zu suchen. Und falls sie jemand vor uns findet, so ist er gebeten, über die Kommentarseite Kontakt mit uns aufzunehmen.
Bevor von oben noch etwas nachkommen konnte, haben wir schnell angeschnallt und sind nach links in den Karboden, der vom Krumpensee heraufzieht, abgefahren. Dort haben wir nach einer Bestandsaufnahme wieder aufgefellt und sind in einer Viertelstunde zum Rottörl aufgestiegen.
Dort haben wir uns dann endlich die verdiente Jausenpause gegönnt. Ein leichtes Lüfterl hat geblasen, während sich in dieser Zeit vermehrt Quellwolken rund um uns gebildet haben. Während der Jause haben wir noch einmal die Gelegenheit genutzt, zum obersten Teil der NO Rinne und zum über die Gipfelwechte drüberlugenden Gipfelkreuz aufzuschauen.
Nach dem neuerlichen Umrüsten für die Abfahrt ging es dann auf herrlichem Firn, gerade so viel, dass es gerauscht hat, hinunter ins Grübl. Lediglich die letzten beiden Hänge hinunter zum Sessellift waren dann wieder etwas tiefer.
Bereits vor 11 Uhr war die Tour dann trotz des Zwischenfalls schon wieder beendet. Im Nachhinein gesehen haben wir uns keinen Vorwurf zu machen, da wir, was das Zeitmanagement betrifft, sicher nicht gepfuscht haben. Durch großes Pech waren wir zur falschen Zeit am falschen Ort. Zum Glück ist aber nichts passiert. Am Vortag ist die Rinne, wie ich jetzt im nachhinein weiß, zu viel späterer Zeit problemlos befahren worden. Wir haben uns alle aber sicher grundsätzlich die Frage zu stellen, ob es Sinn macht, bei diesen sommerlichen Temperaturen und bei doch noch sehr großen Schneemengen in den Bergen Schitouren im exponierten Gelände zu unternehmen. Auch wenn die Lawinengefahr für die Morgenstunden grundsätzlich als gering einzustufen ist, so zeigen doch die allpräsenten Setzungs- und Zugrisse in der Schneedecke, dass noch einiges an Schnee in den nächsten Tagen herunterrumpeln wird.
Der anschließende Einkehrschwung hat insofern zum Tag gepasst, als meine Lieblingssuppeneinlage, die Milzschnitte, (durch die hohen österlichen Temperaturen?) verdorben war. Die ungenießbare Suppe wurde natürlich durch eine andere ersetzt. Den Schnaps zur Vermeidung unangenehmer weitere Folgen habe ich aber erst zu Hause getrunken, weil ich ja noch fahren mußte.
Der Nachmittag in der Hängematte mit dem blühenden Weichselbaum über mir hat nach dem aufregenden Vormittag den Adrenalinspiegel dann wieder ins rechte Lot gebracht.