Eisenerzer Reichenstein

mit dabei:
Hans Jörg

Frage:
„Kann man heuer zu Ostern noch Skitouren gehen?“
Antwort:
„Man kann das ganze Jahr über – auch im Sommer – Skitouren gehen, wenn es einen nicht stört, dass man die Skier am Rucksack spazieren trägt.“
Spaß beiseite: Heuer wird man sich zu Ostern, sollte sich an der derzeitigen frühsommerlichen Witterung nichts ändern, die Tourenziele gut überlegen müssen, wenn man nicht zum Sherpa werden will.

Der Satz, dass nur der frühe Vogel den Wurm fängt, ist in letzter Zeit sehr oft bemüht worden. Auch wir sind am heutigen Tag sehr früh aufgestanden, nicht der tierischen Nahrung wegen, sondern, um für die geplante südostseitige Firnabfahrt ja nicht zu spät dran zu sein. Die „da capo –Tour“ vom letzten Wochenende hat dann aber witterungsbedingt einen unerwartet anderen Verlauf genommen.

Aufstieg im Grübl
Aufstieg im Grübl
Nicht nur dass die hohen Temperaturen der letzten Woche in Verbindung mit viel Wind einen großen Anteil des Schnees auch auf der Piste im Grübl inzwischen weggetaut hatte, war der noch vorhandene Rest trotz nahezu identer Temperatur gegenüber der Vorwoche (+ 5 Grad um 6 Uhr auf der Passhöhe) jedoch pickelhart. Die vorangegangene klare Nacht hatte für die nötige Abstrahlung gesorgt. Und vom ersten Meter an hat ein sehr böiger Wind unseren Aufstieg begleitet.

Die ausgeaperte Geländestufe oberhalb des Holzlagerplatzes
Die ausgeaperte Geländestufe oberhalb des Holzlagerplatzes
Der erste steilere Hang oberhalb der Sessellift Bergstation wäre ohne Harscheisen nicht gefahrlos zu begehen gewesen. Beim Holzlagerplatz der Reichensteinhütte war der Aufstieg auf Skiern bei Sonnenaufgang auch schon wieder beendet. Weil in der letzten Woche auch der nächste Hang hinauf ausgeapert war, haben wir die Skier gleich einmal aufgepackt.

Zustieg zur NO-Rinne
Zustieg zur NO-Rinne
Am Rucksack sind sie dann während des weiteren Anstiegs auch geblieben. Zunächst ging es über die nächste Geländestufe hinauf und danach weiter in der direkten Linie hinauf zur Nordostrinne. Die ausgeaperten grasbewachsenen Hänge waren zwar gut zu gehen, der Wind hat aber immer wieder an unserem Gleichgewicht gerüttelt.

Pickelharte Querung zur NO-Rinne
Pickelharte Querung zur NO-Rinne
An der Stelle, wo wir wieder auf ein durchgehendes Schneeband gestoßen sind, haben wir die Steigeisen montiert. Für den nächsten Teil des Anstiegs über die teilweise eisige Firnflanke und vor allem für die Querung in die Nordostrinne hätte ich mir einen zweiten Pickel gewünscht.

Aufstieg durch die NO- Rinne
Aufstieg durch die NO- Rinne
In der mit viel vielen Steinen und sonstigem Zeugs gut „gestreuten“ Rinne selbst gab es dann sehr gute Trittstufen und Pickeleinstichlöcher, sodass der weitere Anstieg keine große Hürde mehr war. Wegen des Windes und der dadurch latenten Steinschlaggefahr sind wir recht hurtig aufgestiegen. Erst im letzten Teil des Anstiegs, wo die Gefahr vorüber war, haben wir uns auch ein paar Fotostopps gegönnt.

Die letzten Meter zum Gipfel
Die letzten Meter zum Gipfel
Der weitere – inzwischen auch völlig ausgeaperte – Weg zum Gipfel war mit Rückenwind , der aber wieder an der Balance gerüttelt hat, keine große Hürde mehr. Den Gipfelaufenthalt selbst haben wir wegen des bereits oben genannten Grundes, nur ja nicht zu spät in die Rote Rinne einzufahren, gleich gestrichen und sind sofort zur Reichensteinhütte abgestiegen und gleich weiter zum Einfahrtsbereich in die Rinne gegangen.

Umrüsten für die Abfahrt im Sturm
Umrüsten für die Abfahrt im Sturm
Ein weiterhin sehr ungemütlicher Wind hat beim Abfellen und Umrüsten für die Abfahrt an unserer Ausrüstung gerüttelt. Und uns selber hat er auch ganz schön zerzaust. Unsere Hoffnung, dass es in der Roten Rinne im Windschatten gemütlicher sein könnte, hat sich zumindest im Einfahrtsbereich nicht erfüllt.

Tiefblick in die Rote Rinne
Tiefblick in die Rote Rinne
Der erhoffte Firn hat sich erst recht nicht eingestellt. Ganz im Gegenteil. Der kalte Wind und die Wolkenfetzen haben in diesem Bereich dazu beigetragen, dass sich der pickelharte Harschdeckel nicht verändert hat. Wenn ein solcher eine homogene Oberfläche hat, dann kann man ihn mit Vorbehalt auch im Steilgelände noch halbwegs fahren. Aber wenn die Schneedecke mit gefrorenen Fahrspuren der Vortage zerfurcht ist, dann ist eine Abfahrt bei dieser Steilheit nicht mehr lustig.

Kanteneinsatz auf hartem Untergrund
Kanteneinsatz auf hartem Untergrund
Während Hans Jörg sich vorsichtig hinunter getastet hat, habe ich noch Zeit geschunden und gehofft, dass sich doch noch eine zumindest dünne Firnschicht bilden könnte. Aber irgendwann wird es einem, wenn man immer dem böigen Wind ausgesetzt ist, kalt und außerdem besteht die Gefahr, von einem Windstoß hinuntergeblasen zu werden. Da ist es dann schon gescheiter, das Heft selbst in die Hand zu nehmen und zu fahren.

Abfahrt durch die Rote Rinne
Abfahrt durch die Rote Rinne
Die ersten Richtungsänderungen waren daher genau das Gegenteil von der Vorwoche, wo der Sulz schon ziemlich tief war. Die Schrägfahrten dazwischen waren vom Klammern mit den bergseitigen Kanten geprägt. Aber im windstillen Bereich hat sich dann doch der erhoffte Firn eingestellt. Und ab diesem Zeitpunkt war die weitere Abfahrt bis hinunter in die Krumpen dann doch noch ein Genuss. Dass es dazwischen wegen der vielen Steine im Schnee auch immer wieder einmal unter den Skiern geklappert hat, ist bei dieser Steilheit kein Problem.

Aufstieg zum Rottörl
Aufstieg zum Rottörl
Nach den letzten genussvollen Schwüngen im Firn haben wir bei weiterhin stetiger Windbegleitung wieder aufgefellt und sind in Richtung Rottörl angestiegen. Aber nach ungefähr der Hälfte des Aufstiegsweges war auch schon wieder Schluss mit dem Skianstieg. Weil wir vom Aufstieg an der Nordseite wussten, dass wir die Skier dort auch noch ein gutes Stück wieder hintertragen werden müssen, haben sie gleich wieder am Rucksack Platz gefunden.

„Abfahrt“ vom Rottörl
„Abfahrt“ vom Rottörl
Der weitere Anstieg hinauf zum Rottörl hat mit zunehmender Höhe auch zunehmende Windstärke mit sich gebracht. Am Törl hat dann schließlich der Sturm so heftig geblasen, dass es nicht mehr leicht war, sich auf den Beinen zu halten. An eine Pause, so wie in der Vorwoche, war bei diesen Bedingungen keinesfalls zu denken. Am Weg hinunter bis zu den ersten durchgehenden Schneebändern in Richtung Grübl hat mich dann eine Bö auch einmal zu Boden gezwungen.

Kurze Pause neben der windstillen Doline
Kurze Pause neben der windstillen Doline
Nach dem Abfellen hat uns die Abfahrt mit Schneefleckerl hupfen dann wieder etwas flotter dem Ausgangspunkt der Tour näher gebracht. Immer wieder haben wir kurze Unterbrechungsstellen tragend überwunden oder gleich auf der Grasnarbe überfahren. Eine Jausenpause haben wir uns zu diesem Zeitpunkt dann nicht mehr gegönnt, obwohl wir schließlich doch eine windgeschützte Doline gefunden hätten. Aber zu diesem Zeitpunkt haben uns der Durst und auch der nahe Suppentopf schon zum Einkehrschwung gerufen.

Bärlauchschaumsuppe
Bärlauchschaumsuppe
Und pünktlich zu Mittag haben wir uns dann schließlich nicht mit der tierischen Nahrung (s.o.) laben müssen, sondern es ist uns eine köstliche Bärlauchschaumsuppe serviert worden. Und als Einlage gab es die nicht angekündigten Wachteleier als Zeichen dafür, dass Vögel auch ohne Würmer, die sich bei diesen windigen Verhältnissen sicher nicht zeigen, glücklich sein können. Und dem Heinrich sei abschließend noch verraten, dass es bei dem von ihm nicht so sehr geliebten „Suppenzeugs“ nicht geblieben ist, ist doch gleich nach der Heimkehr im heimischen Garten die heurige Grillsaison eröffnet worden.