Vertatscha (SLO)

mit dabei:

Andreas
Tourenstart beim Loibltunnel Südportal

Für den Norden und Osten der Republik war Sturm in Orkanstärke prognostiziert. Der Süden hingegen war laut Wettervorhersage begünstigt, der Wind sollte sich dort jedenfalls in Grenzen halten. Bei dieser Prognose war die Wahl des Tourenregion keine große Angelegenheit. Weil wir jedenfalls über eine aufgefirnte Südseite abfahren wollten, kamen nur wenige Berge in die engere Auswahl. Wir haben uns für die Vertatscha entschieden und unseren Ausgangspunkt beim Südportal des Loibltunnnels auf slowenischer Seite gewählt.

Entlang des ehemaligen Skigebiets ging es anfangs auf einer sehr dünnen, vereisten Schneedecke aufwärts. Die Sonne hielt sich zu diesem Zeitpunkt noch hinter einer dünnen Staubewölkung an der Südseite der Begunjscica versteckt. Die Schneedecke ist am pickelharten Weg hinauf zum Planinski dom na Zelenici zwar etwas dicker geworden, der eine oder andere felsige Feind hat aber dennoch immer wieder einmal herausgespitzelt.

Aufstieg auf vereister ehemaliger Skipiste
Zustieg zur Vertatscha

Bei der Hütte haben wir kurz ein technisches Problem an einer Befestigung des LVS gelöst und sind dann weiter angestiegen. Unser ursprünglicher Plan war, in Richtung Zleb-Scharte und von dort über die Y-Rinne zur Vertatscha anzusteigen. Der Sommerweg in Richtung Hochstuhl war stellenweise nur mit einem schmalen Schneeband gesegnet, an manchen Stellen vollkommen ausgeapert. Beim Felle schonenden vorsichtigen Steigen haben wir wohl die Abzweigung hinauf in das weite Kar zwischen Selenitza, Pautz und Vertatscha übersehen.

Dessen waren wir uns dann eh bald einmal bewusst. Situativ haben wir unsere Aufstiegsroute abgeändert. Die Alternative war jetzt, über die Südrinne, über die wir nach unserer ursprünglichen Planung abfahren wollten, auch aufzusteigen. Am Weg dorthin haben wir jetzt die Skier aufgepackt und sind an der Südseite der Vertatscha entlang und später links von den unteren Felsabbrüchen zur Rinne aufgestiegen.

Zustieg zur Südrinne
Der Helm sitzt wieder fest

Der Trittfirn war so gut begehbar, dass wir vorerst auf die Steigeisen verzichten konnten. Am Fuß der Rinne haben wir dann beschlossen, die zackigen Aufstiegshilfen zu montieren. Auch für den Helm war es ob der felsigen Abbrüche darüber jetzt Zeit. Der Schließhaken von Andreas‘ Helm hatte sich aus unerfindlichen Gründen gelöst. Auch mit zweifacher „Manpower“ konnten wir dieses Manko nicht beheben. Seit Jahren frage ich mich bei jedem Rucksack umpacken, warum ich neben einer Reihe von Ersatzteilen wie Stockspitze, Draht, Kabelbinder, Tape und diverses Bänderzeugs meinen sauschweren Leatherman immer mitschleppe. Jetzt weiß ich es. Mit seiner Hilfe war es kein Problem, dem wiederborstigen Helm auf Andreas‘ Kopf Halt zu geben.

Dann sind wir in die Rinne eingestiegen. Bald einmal haben wir bemerkt, dass diese ob der vielen Trittstufen, Schleifrinnen und hineingerutschten Schneeknollen sicher kein gutes Skigelände für die spätere Abfahrt sein wird. Wir haben angefangen, uns nach Alternativmöglichkeiten umzusehen. Die Flanke oberhalb der die Rinne begrenzenden Felsabbrüche hat schon alte Skispuren aufgewiesen und jedenfalls einladender ausgeschaut als die Rinne.

Aufstieg durch die Südrinne
Aufstieg durch die Südrinne

An der Schneekonsistenz am sonnenbeschienen Rand der Rinne konnten wir auch ausmachen, dass die Flanke bis zu unserer Abfahrt in der mittlerweile uneingeschränkt herabheizenden Sonne herrlich auffirnen wird. Das ist angesichts des abbrechenden Felsgeländes darunter auch eine unabdingbare Voraussetzung für das Befahren dieser Steilflanke. Die sengende Glut hat andererseits aber für den Rest des Anstiegs auch ihren Tribut in Form von übermäßigem Schweißfluss gefordert. Da hätten wir in der schattigen Y-Rinne sicher weniger geschwitzt, dafür dann aber höchstwahrscheinlich durch die fast unfahrbare Südrinne hinunter gestochert.

Nach3 Std 50 min Aufstiegszeit (mit Pausen) waren wir wieder einmal am Gipfel des zweithöchsten Berges der Karawanken mit seinem unverwechselbaren Gipfelzeichen, einen stählernen Pickel mit einem aufgerollten Kletterseil, ebenso aus Stahl. Die leichte Brise aus dem Norden war nur unmittelbar am Grat, der hier auch die Staatsgrenze zwischen Österreich und Slowenien bildet, spürbar. Zwei Meter darunter haben wir an der Südseite bei vollkommener Windstille unseren Gipfelaufenthalt zelebriert.

Vertatscha 2.180 m

In Arbeit

Einfahrt in die Südflanke

Die Steigeisen kamen wie auch die Felle in den Rucksack, im Gegenzug die Jause und das höchst notwendige Getränk heraus. Einige sehr freche Dohlen haben uns beim Verzehr von Nüssen aus dem Jausensack „unterstützt“. Als wir uns auch an der Szenerie rund um uns sattgesehen hatten, haben wir angeschnallt und nach den ersten Abfahrtsmetern war klar, dass die Schneekonsistenz besser nicht sein könnte.

Die Abfahrtsroute haben wir sodann immer wieder für die nächsten 100 – 200 m neu bewertet und festgelegt. Als wir schließlich das felsige Steilgelände unter uns passiert hatten, sind wir etwas flotter ins Fahren gekommen und haben uns in Richtung des Sattels zwischen Vertatscha und dem Srednji vrh orientiert. Mit abnehmender Höhe ist der Schnee erwartungsgemäß etwas tiefer geworden, aber immer noch gut fahrbar gewesen. Im Schlussteil dieses Abschnitts der Abfahrt mussten wir noch einen Latschentango absolvieren.

Abfahrtspause und Blick zurück auf Aufstiegsrinne und befahrene Flanke
Letztes Abfellen unter der Vertatscha

Auch diese Übung ist gelungen. Danach ging es auf einer ruppigen und – weil im Schatten gelegen – sehr harten Unterlage hinunter zum Planinski dom Mrzli studenec. Dort haben wir abgeschwungen, die letzten Tropfen aus der Trinkflasche geleert und die Felle wieder aufgezogen. Auf derselben Route, die mir schon von mehreren Überschreitungen der Begunjscica bekannt war, sind wir anschließend wieder in das ehemalige Skigebiet oberhalb vom Planinski dom na Zelenici angestiegen.

Jetzt haben die Felle endgültig ihren Dienst an diesem Tourentag beendet. Die Ausrüstung wurde wieder in den Abfahrtsmodus getrimmt und vorbei an der Hütte ging es auf der – im Schatten der Begunjscica – sehr eisigen Piste flott abwärts. Bis knapp über dem Ausgangspunkt ist es uns gelungen, allen verborgenen Steinen auszuweichen oder einmal schnell einen Ski zu heben um den „Feindkontakt“ zu vermeiden. Am allerletzten Hang haben wir dann zur Schonung unserer Abfahrtsgeräte abgeschnallt und wenige Minuten später die Tour am Parkplatz beendet.

Talabfahrt
Kärntner Kasnudeln

Den riesengroßen Durst haben wir geschwind einmal mit gekühlten Getränken aus dem Kompass Shop daneben gelöscht und uns nach dem Wechseln und Verstauen der Ausrüstung auf die Heimfahrt nach Österreich gemacht. Einkehrstätten am Straßenrand sind rar gesät und dazu noch sehr oft geschlossen. Da ist die Raststätte in Griffen wieder einmal die rettende Bank gewesen. Der auf lokale Spezialitäten fixierte Heinrich darf sich heute wieder einmal an den Kärntner Kasnudeln virtuell beteiligen. Der Ordnung halber sei erwähnt, dass wir davor schon einen Topf mit Nudelsuppe ausgelöffelt und zum Dessert die Eissaison eröffnet haben.

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